Im Unternehmensalltag sammeln sich Medien in verschiedensten Formaten an – von gedruckten Berichten über Bilddateien bis zu analogen Videokassetten. Was gestern noch als sicher galt, wird heute zunehmend zur Herausforderung: fehlende Abspielgeräte, veraltete Dateiformate, unsystematische Ablagen. Besonders Unternehmen mit gewachsener Medienhistorie sehen sich konfrontiert mit komplexen Archivstrukturen und inkonsistenten Medienbeständen. Dabei geht es längst nicht mehr nur um Nostalgie oder Zugriffskomfort, sondern um gesetzliche Anforderungen, Produkthaftung und Nachweispflichten. Wer auf technische Infrastruktur setzt, muss diese auch langfristig beherrschbar halten – sonst wird aus einem Archiv schnell ein Risiko. Denn unlesbare Daten sind faktisch verlorene Daten. Das betrifft nicht nur Akten, sondern zunehmend auch Bewegtbild- und Tonformate. Ein strategisches Medienkonzept ist darum keine Kür, sondern Bestandteil funktionierender Unternehmensprozesse.
Ordnung braucht ein Ziel
Eine medienübergreifende Struktur ist die Grundlage jeder langfristigen Archivstrategie. Dazu gehört die klare Festlegung, welche Inhalte aufbewahrt, digitalisiert, konvertiert oder gelöscht werden dürfen. Für Unternehmen mit rechtlicher Archivpflicht ist das nicht optional, sondern zwingend. Zugleich müssen Anforderungen an Speicherformate, Zugriffsrechte und langfristige Lesbarkeit berücksichtigt werden. Nur wenn alle Medienarten eingebunden werden – vom klassischen Scan über PDF-Dateien bis zu Ton- und Videoformaten – lässt sich ein echter Überblick erreichen. Und genau hier liegt oft der Knackpunkt: Bewegtbildmedien, etwa alte Werbeaufnahmen, Schulungsvideos oder Interviews, werden gerne ignoriert – weil sie auf VHS lagern, in Kisten liegen oder als „nicht dringend“ gelten. Doch gerade hier liegt Potenzial, und oft auch Risiko.
Technische Kriterien für Archivformate
Nicht jedes Dateiformat eignet sich für die Langzeitarchivierung. Kriterien wie Kompatibilität, Offenheit des Formats, Dateigröße, Wiederverwendbarkeit und Zukunftssicherheit sind entscheidend. Während Formate wie PDF/A für Textdokumente etabliert sind, muss bei Video- und Audiodateien genauer hingeschaut werden. Containerformate wie MP4 oder AVI müssen in Verbindung mit passenden Codecs bewertet werden – sonst droht ein späterer Formatverlust. Zudem spielen Speicherorte eine Rolle: lokale Serverstrukturen, Cloudlösungen oder hybride Systeme bringen unterschiedliche Anforderungen an Sicherheit, Zugänglichkeit und Kosten mit sich. Ein häufiger Fehler in der Praxis ist das unkritische Speichern auf externen Festplatten oder alten Servern ohne Backupstrategie. Nur wer sich auch um die Erhaltung der Lesbarkeit kümmert, hat wirklich archiviert. Und das ist oft aufwendiger, als es scheint.
Checkliste: So gelingt der medienübergreifende Werterhalt
Bereich | Maßnahmen zur Absicherung |
---|---|
Physische Medien | Sichtung, Prüfung auf Lesbarkeit, Digitalisierung einplanen |
Videomaterial | Altformate erfassen, VHS digitalisieren, Formate vereinheitlichen |
Archivsysteme | Metadatenstruktur definieren, Zugriff und Rechte regeln |
Dateiformate | Zentrale Formate definieren, Archivformate wie PDF/A, MP4 nutzen |
Speicherorte | Redundante Speicherlösungen, Backupstrategien, Cloud prüfen |
Zugriffsstrategien | Leserechte festlegen, Datenschutz und Protokollierung sichern |
Langzeiterhaltung | Formate regelmäßig prüfen, Konvertierung mitplanen |
Altformat, echter Engpass
Ein zentrales Beispiel: das VHS Digitalisieren mit mediadig.de. Zwar scheint das Format überholt – doch zahlreiche Aufnahmen aus den 1980er- und 1990er-Jahren liegen nach wie vor in VHS-Form vor. Werbeclips, Messen, Produktvorstellungen oder interne Schulungsvideos sind oft nur in dieser Variante erhalten. Solange diese Medien nicht digitalisiert werden, bleiben sie de facto unbrauchbar. Selbst wenn sie rechtlich aufbewahrt werden müssten, erfüllen sie die Archivpflicht nicht mehr – weil sie nicht mehr abrufbar sind. Die Digitalisierung dieser Altbestände ermöglicht nicht nur rechtssichere Archivierung, sondern erschließt auch neue Nutzungsmöglichkeiten. Moderne Speicherlösungen, strukturierte Metadaten und konvertierte Dateiformate machen den Zugriff möglich – intern wie extern. Wer hier strategisch handelt, sichert nicht nur Inhalte, sondern schafft neue Ressourcen für Marketing, Kommunikation und Dokumentation.
„Medienformate sind kein Nebenprodukt“ – Interview mit IT-Beraterin Claudia Meißner
Claudia Meißner berät Mittelständler beim Aufbau von digitalen Archivsystemen und Medienstrukturen.
Wo sehen Sie in Unternehmen die größten Schwächen im Medienumgang?
„Oft fehlt das Bewusstsein für das, was archiviert werden muss – und wie. Viele Unternehmen lagern Inhalte einfach ab, ohne sich um langfristige Lesbarkeit zu kümmern.“
Was wird besonders häufig übersehen?
„Videoformate, ganz klar. Schulungsvideos, alte Marketingmaterialien oder Interviews liegen oft noch auf VHS. Die VHS digitalisieren zu lassen, wird aufgeschoben – bis es zu spät ist.“
Welche Fehler sind besonders kostspielig?
„Ungeplante Datenverluste durch veraltete Speichermedien. Externe Festplatten, CD-ROMs oder nicht mehr unterstützte Software sind klassische Schwachstellen.“
Gibt es eine Lösung, die besonders effektiv ist?
„Eine Kombination: strukturierte Archivplattformen, regelmäßige Formatprüfungen und der Einsatz von Standardformaten. Wer dabei auch analoge Bestände einbindet, hat langfristig Vorteile.“
Welche Rolle spielt die interne Kommunikation?
„Eine entscheidende. Wenn Mitarbeitende nicht wissen, wie archiviert werden soll, entstehen Chaos und Datenlücken. Einfache Regeln, klare Zuständigkeiten helfen enorm.“
Und für Unternehmen ohne klare Archivstrategie?
„Anfangen. Klein. Aber konsequent. Erst die Bestände erfassen, dann digitalisieren, dann strukturieren. Schritt für Schritt – das schafft Sicherheit.“
Vielen Dank für Ihre Perspektiven und Hinweise.
Medienstrategie ist Zukunftssicherung
Digitale Archivsysteme sind mehr als eine Pflichtaufgabe. Sie schützen Know-how, sichern Beweislagen und eröffnen neue Nutzungsoptionen. Ob alte Printunterlagen, Tonbänder oder Videokassetten – sie werden wertvoll, sobald sie systematisch aufbereitet und zugänglich gemacht werden. Dabei sind Technik und Organisation gleichermaßen entscheidend. Unternehmen, die sich frühzeitig mit Formaten, Speicherinfrastruktur und Zugriffssicherheit beschäftigen, bauen Stabilität auf. Und entlasten sich langfristig – nicht nur rechtlich, sondern auch organisatorisch. Wer seine VHS digitalisieren lässt, bringt dabei nicht nur alte Inhalte in die neue Zeit, sondern schafft Sichtbarkeit für Inhalte, die sonst in Vergessenheit geraten.
Struktur ist keine Kür, sondern Grundlage
Eine funktionierende Medienstruktur muss nicht perfekt sein – aber sie muss vorhanden sein. Unternehmen, die Formate ignorieren, verschenken Potenzial und riskieren Datenverlust. Wer Speicherplatz bewusst nutzt und Archivpflichten nicht als Formalie betrachtet, schafft echte Sicherheit. Das betrifft nicht nur große Konzerne, sondern gerade den Mittelstand. Denn was heute als altmodisch gilt, kann morgen strategisch relevant sein – ob in der Unternehmenskommunikation, im Compliance-Bereich oder bei der Markenbildung. Die Technik ist da. Jetzt kommt es auf die Haltung an.
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